Archiv der Kategorie: Mensch und Hund

Big Dogshit

Kinderspielplätze sind für Hunde bekanntlich verbotenes Terrain. Diese Regl hat ja eigentlich auch ihre Richtigkeit. Schließlich sollen sich die Kleinen nicht mit den Hinterlassenschaften unserer Vierbeiner beschmutzen, das ist ekelig und gefährdet potenziell die Gesundheit. So weit so gut!
Hinter der Schule in unserem Stadtteil gibt es eine Fußballwiese und eine Skaterbahn. Ein hoher Zaun soll verhindern, dass die Bälle versehentlich auf den Nachbargrundstücken oder im nahe gelegenen Teich landen.
Südwestlich der Wiese liegt ein kleines Wäldchen, kaum 100 Meter lang und 50 Meter breit. Aus irgendeinem Grund wurde in dem hohen Zaun ein kleiner quadratischer Durchschlupf gelassen, der es erlaubt, in den Wald zu gelangen. Oft hinterlassen die Jugendlichen hier ihre leeren Flaschen und sonstigen Müll, doch das hält sich einigermaßen in Grenzen.
Überhaupt wird die Wiese äußerst selten frequentiert, zumindest um die Zeit des frühen Nachmittags herum, wenn ich hier mit dem Shepherd meine Mittagspause verbringe (zu den Zeiten, als ich noch als freier Journalist gearbeitet habe). Wir drehen dann einmal eine Runde um den Teich und gehen hinterher noch auf die Wiese. Der Shepherd bleibt auf meine Anweisung vorn am Wiesenrand sitzen und ich überquere das Gelände, um in dem Wald ein Schlüsseletui zu verstecken. Dann kehre ich zum Shepherd zurück und schicke ihn auf die Suche. Das Etui zu finden und zu apportieren ist für den Shepherd eine Lappalie. Aber das Ganze macht ihm saumäßig viel Spaß ¬¬– und wenn wir bei unseren Spaziergängen den Teich noch nicht ganz umrundet haben, drängt er schon voraus und auf die Wiese. Manchmal, wenn Jugendliche auf dem Grundstück sind um Fußball zu spielen oder zu skaten, lasse ich diese Aktion ausfallen, denn Hunden ist das Betreten des Geländes ja eigentlich verboten. Es ist halt ein Kinderspielplatz. Aber der Shepherd ist bei dieser Aktion immer so konzentriert, dass er gar nicht auf die Idee kommen würde, auf die Wiese zu kacken, das erledigt er bereits vorher im Gebüsch am Teich. Und selbst Bein heben um zu markieren fällt aus, wenn er im Arbeitsmodus ist. Das Suchen ist schließlich viel zu aufregend. Ich kann den Shepherd also guten Gewissens die Wiese überqueren lassen. Und sollte es doch mal anders kommen, habe ich ja Entsprechendes dabei, um den Platz wieder sauber zu hinterlassen.
Eines schönen Frühlingstages ist die Wiese von einem älteren Herrn mit kleinem Kind belegt, ich schätze Opa und Enkel. Der Shepherd ist bereits wieder im Arbeitsmodus und so fasse ich mir ein Herz und spreche den Herrn an: „Sagen Sie, würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich hier mit meinen Hund eine kurze Übung durchführe? Wir sind auch schnell wieder weg.“ Der Mann guckt mich an und langsam beginnt seine Gesichtfarbe ins Rötliche zu tendieren. Was folgt ist eine Tirade über Spielplätze, Hundekacke, die einschlägigen Rechtsnormen und die blöden Hundebesitzer. „Aber mein Hund kackt hier nicht auf die Wiese und falls doch, mache ichs weg“, versuche ich ihn zu beschwichtigen. Das bringt den Typen nur noch mehr in Rage. „Das sagen alle, warum verstehen Sie nicht endlich, dass Hunde hier verboten sind“, fährt er mich an. „Schon verstanden, viel Spaß noch“, gebe ich zurück und ziehe wütend von dannen.
Der Shepherd hat während der ganzen Szene brav am Wiesenrand gesessen und die Szene beobachtet. Jetzt neigt er leicht den Kopf zur Seite, was bei ihm meistens Unverständnis signalisiert. Das scheint den Mann irgendwie zu rühren: „Der Hund kann ja nichts dafür“, ruft er mir hinterher. „Ich auch nicht“, erwidere ich ärgerlich. Moralisch fühle ich mich diesem „Hundehasser“ zehnmal überlegen.
In den nächsten Wochen ist das Terrain wieder frei. Opa und Enkel lassen sich nicht mehr blicken.
Eines sonnigen Tages überquere ich wie so oft die Wiese, um den Schlüssel für meinen Sheppy im Wald zu verstecken. Da laufe ich doch plötzlich äußerst knapp an einem riesigen Haufen Hundekacke vorbei. Mir fällt der Opa wieder ein und mein moralisches Überlegenheitsgefühl schmilzt wie Butter in der Sonne dahin: Der Opa hat ja nur allzu recht. Es gibt sie, diese asozialen Hundebesitzer, die ihre Pfiffis ohne mit der Wimper zu zucken mitten auf einen Kinderspielplatz kacken lassen und sich, als wäre nichts gewesen, klammheimlich verpieseln. Woher sollte denn der Opa wissen, dass ich nicht auch so einer bin?
Derzeit binde ich mich mit Petra und dem Sheppy im Urlaub an der Ostsee. Am Eingang zum Hundestrand befindet sich ein Hundekotbeutelspender, dem es nie an Beuteln mangelt. Direkt unter den Kasten mit den Beuteln ist gleich ein Abfallbehälter montiert worden.
Und was liegt da nun zu Fuße dieser zweckmäßigen Installation. Ein dicker fetter Haufen Hundekacke.

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Der schnelle Euro im Internet mit Border Collies

Anzeige: Border Collies: kinderfreundlich, für Familien geeignet, für Hundeanfänger geeignet, verträglich mit Katzen
Süße kleine Border Collies. Kinder- und katzenfreundlich, aber vor allem kinderleicht zu erziehen, geeignet für Anfänger – und das für nur 450 Euro. Da muss man doch einfach zugreifen.
So ähnlich werden auf der Website tierwelt.de einige Border Collie Welpen zum Kauf angeboten.

Der artgerechte Umgang mit Border Collies, das muss ja im Prinzip nicht noch einmal betont werden, erfordert viel Zeit, Geduld, Ausdauer, guten Willen und Fachwissen.
Border Collies brauchen eine Aufgabe, die nicht nur ihrer körperlichen Ausdauer sondern auch ihrer Intelligenz und ihrem Arbeitswillen gerecht wird. Wer das seinem Hund nicht bieten kann oder will, sollte die Finger von Border Collies lassen. Verhaltensstörungen beim Hund und Stress für den Menschen sind sonst vorprogrammiert. Am Ende sind beide unglücklich, Mensch und Hund. Wobei der Hund der größte Leidtragende ist, denn er kann sich selbst keinen anderen und besser geeigneten Menschen aussuchen. Am glücklichsten treffen es dann wohl noch jene Vierbeiner, die über die Notvermittlung einen fähigen und ambitionierten Hundekenner finden.

Ich habe der betreffenden Züchterin eine E-Mail Anfrage mit folgendem Wortlaut geschickt:
Sie bieten auf einer Internetseite Border Collies als unkomplizierte Familienhunde und als für Anfänger geeignete Hunde an. Finden Sie das verantwortungsvoll?
Ich würde mich freuen, wenn Sie mir das erklären könnten.
Mit freundlichen Grüßen

Die Antwort:

Ich habe Ihnen gar nichts zu erklären- es ist meine ( 20 jährige ) Erfahrung und die meiner Kunden. Es gibt versch. Schäge dieser Rasse und ich habe den alten und nicht den hochgezüchteten , hyperaktiven Schlag.
Ansonsten haben Sie keinen angenehmen Umgangston.War schon richtig- unter Spam- da habe ich die mail gefunden.

Die Sache erklärt sich damit (fast) von selbst!

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Hunde-Nomen est Omen

Während man früher eher Pragmatismus bei der Namensgebung für seinen Hund walten ließ, muss es dabei heute extravagant, trendy und trotzdem individuell zugehen.
Ein Erfahrungsbericht mit persönlichem Einschlag.

Ja, mit den Hundenamen ist das schon so eine Sache. Nachdem jetzt meine Hundeblog- und Journalisten-Kollegin Inka Burow sowie selbst die Frankfurter Allgemeine Zeitung etwas dazu geschrieben haben, muss ich hier auf hund-um-hannover.de natürlich auch noch meinen Senf dazu geben.
Inka Burow erinnert sich an einen Jäger, über den sie in ihren frühen Journalistinnen-Jahren einmal ein Portrait verfasst hat: Dabei sei ihr hauptsächlich der Jäger-Dackel „Purzel’“ im Gedächtnis geblieben, mit dem sie während des Interviews den Sessel teilen musste. Im Gesprächsverlauf habe sich heraus gestellt, dass es sich bereits um „Purzel 5“ handelte. Sie sei schockiert gewesen, schreibt Inka.
Während heutzutage auch der Hundename für das Image seines Halters herhalten muss und daher möglichst extravagant und individuell zu sein hat, legte man früher eher ein instrumentelles Verhältnis gegenüber dem Hund und dessen Benennung an den Tag. Ein Onkel von mir betrieb in den sechziger, siebziger und achtziger Jahren einen kleinbäuerlichen Betrieb in der Nähe des niedersächsischen Städtchens Burgdorf. Gegenüber dem Hauseingang stand eine Hundehütte und hier residierte als Wachhund über Jahrzehnte ein Hund namens Harras. Natürlich nicht einer, sondern im Verlauf der Jahre immer mal wieder ein anderer, der Name allerdings blieb stets derselbe: Harras. Dabei handelte es sich um Mischlinge, die sich aber auch äußerlich immer sehr ähnlich waren, so etwas wie ein Mix aus Schäferhund und hellem Labrador. Und hätte man nicht gewusst, dass ein Hundeleben selten länger als 15 Jahre währt, so wäre wohl der hier über Jahre immer mal wieder stattfindende Generationenwechsel gar nicht aufgefallen. Mein Onkel mochte seine Harrase – oder sollte man im Plural vielleicht Harri sagen? – aber sie hatten tagsüber wie nachts, winters wie sommers ihren Platz in dieser Hundehütte und dafür zu sorgen, dass kein Fremder sich unbemerkt dem Anwesen nähern konnte.
Heutzutage stürben die traditionellen Hundenamen wie Rex, Hasso und Bello – und auch der Name Harras mag dazugehören – aus, schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Der Hundebesitzer wolle zeigen, dass er Kosmopolit sei: „Vor 100 Jahren hießen Hunde ob ihres Äußeren manchmal noch „Krummbein“. Andere sagten mit ihren Namen etwas über ihre Funktion oder ihre Fähigkeiten aus: ‚Greifan’ oder ‚Putzenweg’ oder ‚Taugenichts’. Heute hingegen lassen nur noch wenige Namen auf Äußerlichkeiten schließen – und wenn, dann nur verschlüsselt oder zumindest nicht in deutscher Sprache“.
Nun ja, „Putzenweg“, „Krummbein“ oder „Taugenichts“ hätten auch mir gefallen. Und wohl zu Beruhigung meiner Frau ist mir dieser FAZ-Artikel nicht schon früher unter die Augen gekommen. Etwa damals, als wir über die Namensgebung des kleinen Aussierüdens durchaus kontrovers beratschlagten, der demnächst ins Haus kommen sollte.

Dieser Hund heißt weder Hasso noch Bello. Und auch nicht Slibowitz!

Auf einem der ersten Bilder, die ich seinerzeit im Internet von Australien Shepherds fand, war ein Exemplar vom Schlag Red Tri – also mit rot-weiß-brauner Fellzeichnung – zu sehen, der gerade einem wild gewordenen Rind beherzt in die Fersen zwackte. „Der Hund muss Zwacker heißen“, so meine spontane Eingebung. Doch schon bald beschlichen mich Zweifel. Nomen est Omen, wie wird der arme Hund dastehen, sollte er seinem Namen irgendwann wirklich einmal Taten folgen lassen. Das fiele doch gleich auf den namensgebenden Besitzer zurück. Dann Störtebeker, das fand ich witzig und echt originell. „Bloß nicht“, protestierte meine Frau, „außerdem haben se’ den doch geköpft“. Stimmt eigentlich, musste ich einräumen, diese Assoziation gefiel mir auch nicht. Und so kamen wir ganz kosmopolitisch und individuell auf einen Namen aus dem Bereich der Jazzmusik. Ob unser Hund die mag, konnte ich bisher noch nicht verifizieren. Aber man ist und bleibt doch ein Kind seiner Zeit. Im Trend bei Hundenamen sind derzeit übrigens auch die Bezeichnungen für hochprozentige alkoholische Getränke, wie Whiskey, Grappa oder Ramazotti. Das kann man auch bei Inka Burow nachlesen: „Wenn ich heute darüber nachdenke, könnte mein mit „Grappa“ wenige Jahre später begonnenes Hundenamengebungskonzept eine Folge des kleinen blonden Ramazzottis aus Herford sein, mit dem meine große Liebe zu Hunden begonnen hat vor fast 19 Jahren.“ Ich persönlich bin bei meiner Frau mit dem Vorschlag „Slibowitz“ gescheitert. Leider oder zum Glück. Ich weiß es nicht!
PS. Also für alle, die etwas ganz Individuelles und Ausgefallenes suchen: Der Name „Slibowitz“ ist noch frei!

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"Der Haushund im Fadenkreuz der Meinungsmacher". Ein Diskussionsbeitrag von Günther Bloch

Seit über 30 Jahren erforscht Günther Bloch die Verhaltensweisen von Wölfen und Hunden. Und das zumeist in deren natürlicher Umgebung. Bloch geht hinaus in die Wildnis und beobachtet mit Geduld und Hingabe das Leben im Wolfs- oder verwilderten Hunderudel. Etliche Male musste er aufgrunddessen überkommene Auffassungen revidieren, und hat dies immer auch öffentlich getan. Dass ihn seine Fachkompetenz nicht dazu verleitete, zu den bereits existierenden „ultimativen“ Hundeerziehungskonzepten noch eins hinzuzufügen, ist ihm dabei hoch anzurechnen. Wir können also davon ausgehen: was Bloch sagt, hat Hand und Fuß.
Auf seiner Website Hunde Farm Eifel hat er einen Diskussionsbeitrag über die derzeitige Situation des Haushundes in unserer Gesellschaft veröffentlicht. Der Text enthält kurz und knapp eigentlich alles, was es grundsätzlich zu diesem Thema zu sagen gibt.
Die Kernthesen lauten:

  • Die Domestikation vom Wolf zum Hund ist eine großartige menschliche Kulturleistung.
  • Verhalten und Emotionen von Mensch und Hund haben sich im Verlauf vieler Jahrhunderte flexibel angepasst. Das Positive in dieser Beziehung gerät zunehmend in Vergessenheit.
  • Leider reduzieren unverantwortliche Stimmungs- und Meinungsmacher das Hundeverhalten in einer polemisch geführten Debatte mehr und mehr auf Gefährlichkeit und Aggression.
  • Massaker durch Hunde sind extrem selten. Aber der Hund ist ein Beutegreifer, der unter ungünstigen Voraussetzungen eine Herausforderung darstellen kann. Hier ist Besonnenheit statt Pauschalisierung gefragt.
  • Hunde sind keine instinktgetriebenen Maschinen. Sie kommunizieren ihre Bedürfnisse sowohl auf einer biologischen als auch sozio-emotionalen Ebene.
  • Unverantwortliche Halter müssen bestraft und isoliert werden. Wir brauchen gleichzeitig ein System, worin sozialsichere Hunde und ihre Halter belohnt werden.
  • Die freie Markwirtschaft produziert leider häufig kranke, schlecht sozialisierte und angstaggressive Hunde. Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.
  • Der Hund ist ein Lauftier. Die Antwort auf viele Probleme sind großflächige Auslaufflächen.
  • Hier die Dokumentation des ganzen Textes.
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Mach mich nich an Alder! Oder: Konflikte in Canidistan

„Warum reagieren Hunde eigentlich immer aggresiv, wenn sie fremden Artgenossen begegnen?“ Diese Frage wurde mir vor einiger Zeit von einem Bekannten gestellt. Der Mann hat wenig bis gar nichts für Caniden übrig und wollte im Grunde lediglich seiner Auffassung Ausdruck verleihen, dass Hunde ohnehin nur Stress verursachen. Soweit, so schlecht.

Du deins – ich meins!

Natürlich wissen wir: Wenn sich fremde Hunde begegnen, kommt es keineswegs automatisch zu aggressiven Reaktionen. Allerdings: Treffen zwei sich unbekannte geschlechtsreife Rüden oder Hündinnen aufeinander, kann es schon mal etwas knistern.. Denn schließlich stehen sich hier zwei potenzielle Konkurrenten gegenüber. In Ur-Canidistan, der Welt der Wölfe in der sogenannten freien Natur, gehen sich fremde Rudel lieber aus dem Weg, um Konflikte um Ressourcen und Reviere zu vermeiden. Übrigens: Würde es da ähnlich häufig, ähnlich brutale Konflikte geben wie unter konkurrierenden Menschengruppen, Nationen, Ethnien, Rockergruppen oder Streetgangs etwa, hätten sich die Wölfe wahrscheinlich schon gegenseitig ausgerottet. Sie tun das nicht, ein Hinweis darauf, dass sie in mancherlei Hinsicht um einiges pfiffiger sind als die Menschen.
Wolfsaugen
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Aus meinem baltischen Tagebuch

Schönberger Strand: Zwischen Deich und Ladenzeile mit Döner- und Fischbrötchenbuden, Cafes und Nippesläden, gibt es einen etwa 50 Meter breiten Grünstreifen, auf dem Hundebesitzer ihre vierbeinigen Freunde gern auch einmal ableinen. Hier fällt uns ein Australian Shephard auf, der, in diesem Fall angeleint, seinen Besitzer mal nach rechts, mal nach links quer über den Rasen zieht.
Als Aussiehalter freuen wir uns für gewöhnlich, wenn uns andere Aussies mit ihren Menschen über den Weg laufen. Wahrscheinlich geht das den meisten Rassehundefreunden so: da werden untereinander gern Erfahrungen ausgetauscht, man erkundigt sich nach den Züchtern und oft ­– die Welt ist klein – kennt man jemanden in der jeweiligen Szene, den der andere zufällig auch kennt. Am größten ist die Freude, wenn der andere Hund zufällig auch noch vom gleichen Züchter stammt. Das ist dann quasi so, als träfe man irgendwo einen Verwandten, von dem man bisher nichts wusste. Ja, Hundebesitzer ticken so!
Nun also der Aussie auf dem Grünstreifen am Schönberger Strand: Um sicher zu gehen, dass es bei Kontaktaufnahme nicht zu Hand- beziehungsweise Gebissgreiflichkeiten zwischen den Caniden und Ärger zwischen den Haltern kommt, rufe ich dem anderen Aussiehalter wie bei solchen Gelegenheiten üblich zu: „Rüde oder Hündin?“ „Hündin“, antwortet er, „aber ich darf gerade nicht mit ihr reden“.
Wie bitte? Egal, erst einmal Leinen los, das geht ja auch ohne große Worte ­– alles andere klären wir später: Satchy und die fremde Hundedame können sich ungeniert beschnuppern. Der Halter, nennen wir ihn Erwin, ist Rentner, kommt aus Neumünster und fahrt ab und zu mit seiner Aussiehündin hier an die Ostsee. So weit ist es ja auch nicht von Neumünster aus. „Wie heißt sie denn?“, frage ich. „Mücke“, sagt Erwin, und beißt sich fast auf die Zunge, „siehste, jetzt fühlt sie sich gleich angesprochen!“ Ansprechen darf Erwin die Sherpherdhündin nämlich zwei Wochen lang nicht, dass wurde ihm in seiner Hundeschule in Neumünster, die größte vor Ort, wie er erzählt, dringend nahe gelegt. „Sie hat nämlich ein Dominanzproblem und ein ausgeprägtes Territorialverhalten“, erzählt Erwin. Sprich: sie kläfft am Gartenzaun gern die Passanten an und macht es Freunden, Postboten und anderen Dienstleistern nicht gerade leicht, Haus und Grundstück zu betreten.
Und? Soll Erwin jetzt deswegen zwei Wochen lang die beleidigte Leberwurst spielen, oder warum darf er nicht mehr mit seiner Hündin reden. Ich ahne den dahinter stehenden Gedanken. Mücke, die sich also angeblich ausgesprochen „dominant“ und „territorial „verhält, ist außerdem sehr auf Erwin fixiert. Ihr soll jetzt zwei Wochen lang so sehr die Aufmerksamkeit entzogen werden, bis sie förmlich danach giert. Und dann eben noch mehr an Erwin klebt und sich auf ihn fixiert. Vielleicht, so scheint man in der Hundeschule zu hoffen, wird sie dann besser auf ihn hören.
Kann man ihr damit wirklich das „territoriale“ Gekläffe und Geknurre austreiben? Ehrlich gesagt, habe ich noch nie viel von solchen behaverioistischen Manipulationstricks gehalten, und zwar weder bei Menschen noch bei Hunden. Außerdem bezweifle ich in diesem Fall stark, dass das Ganze auch nur irgendwie funktioniert. Was ist das Problem? Ganz einfach, der Hund nimmt Erwin nicht für voll! Erwin ist für Mücke nicht der Typ, der die Sache im Griff hat und dem sie vertrauen kann. Also muss sie die Dinge selbst in die Pfoten nehmen: Haus und Hof bewachen und darauf achten, dass ihr und Erwin niemand dumm kommt, Konflikte regeln, aufpassen. Nicht Mücke hat ein Problem, sondern Erwin, der von seinem Hund nicht als kompetenter Chef akzeptiert wird. Und da soll zwei Wochen Aufmerksamkeitsentzug helfen? Nie und nimmer. Im Gegenteil, je weniger er sich um sie kümmert, desto mehr wird Mücke wahrscheinlich das Gefühl kriegen, dass sie sich eben noch mehr selbst kümmern und die Angelegenheiten regeln muss. „Betreiben Sie mit ihrem Hund denn irgendwelche Aktivitäten?“, frage ich Erwin. „Hm“, sagt er, „Spazierengehen, Fahrradfahren, später machen wir dann Agility und so was“. Ein eineinhalbjähriger Australian Shepherd will etwas lernen, etwas erleben, Aufgaben haben. Mit ein bisschen Spazierengehen und Fahrradfahren ist es da nicht getan. Erwin muss mit Mücke was auf die Beine stellen. Einmal wöchentlich Agility wird es da auch nicht rausreißen. Regelmäßiges Gehorsamkeitstraining, Tricks, zuhause und draußen immer wieder und vor allem regelmäßig kleine Übungen einbauen, das ist hier gefragt.
Eigentlich hätte ich Erwin dringend raten sollen, die Hundeschule zu wechseln. Aber um nicht als Klugschieter dazustehen, habe ich davon abgesehen. Erfahrungsgemäß zählen gute Tipps für die meisten nur dann etwas, wenn die so richtig teuer sind. In Erwins Hundeschule kostet die Stunde 60 Euro. Ich sollte vielleicht 100 nehmen!?

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Heute schon verknüpft? Sekundengedächtnis und Hundeerziehung

Was machen Sie, wenn Ihr Hund mal wieder stiften geht, beispielsweise um einem Hasen hinterher zu jagen? Geben Sie ihm ein Leckerchen, weil er so brav wieder zurückgekommen ist? Gefühlte 80 Prozent der Hundeschulen haben ihren Kunden in den letzten Jahren genau diese Empfehlung gegeben. Denn der Hund könne sein Jagdverhalten eben nicht mehr mit einer potenziellen Bestrafung verknüpfen. Deshalb lieber belohnen, sonst kommt der Hund am Ende gar nicht wieder, so die Logik. Jetzt scheint einigen Hundetrainern zu dämmern, dass das wohl doch nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Hunde-Fachfrau Martina Dorn hat kürzlich bei Focus-Online zu Protokoll gegeben, wie man es stattdessen macht. Erst einmal solle man ihn nach dem unerlaubten Ausflug anleinen und ein paar Übungen wie „Sitz“ oder „Platz“ mit ihm machen. Und als Konsequenz rät sie den Hundefreunden, ihre Vierbeiner das nächste Mal eben ganz an der Leine zu lassen. Okay, angeleint kann der Hund nicht mehr jagen, klare Sache. Aber auf diese Weise hat man seinen Hund leider immer an der Backe, beziehungsweise an der Leine. Schluss mit Toben, Stöbern, Spielen. Auf die Dauer doch nicht so gut. Die Hundetrainerin empfiehlt: „Das Wegrennen können Besitzer vermeiden, indem sie ihr Tier beim Gassigehen nicht sich selbst überlassen. Denn meist entwischen Hunde zum Jagen, wenn sie sich nicht genug beschäftigt fühlen.“ Deshalb: Immer wieder Übungen einstreuen und mit Spielzeug ablenken. Soweit d’accord, machen Sie sich für den Hund interessant, übernehmen sie die Leitung und bestimmen Sie, wo es lang geht.
Aber einen modernen Mythos aus den Hundeschulen kann sich die Trainerin dann doch nicht verkneifen: „Hunde haben ein Sekundengedächtnis, wenn er beim Gassigehen abhaut und sie ihn danach ignorieren, kann er sein Verhalten nicht damit verknüpfen.“ Ehrlich: Dieses „Verknüpfen“ sollte mal jemand offiziell zum behavioristischen Hundeschulen-Unwort des Jahres küren.

Behaviorismus (abgeleitet vom amerikanisch-englischen Wort behavior, „Verhalten“) benennt das wissenschaftstheoretische Konzept, Verhalten von Menschen und Tieren mit naturwissenschaftlichen Methoden – also ohne Introspektion oder Einfühlung – zu untersuchen und zu erklären. (Wikipedia) Kern des Behaviorismus bildet das sogenannte Reiz-Reaktions-Schema.
Kritik am Behaviorismus – hier klicken!

Mein Hund kriegt morgens nach der ersten Minirunde zwecks Erledigung geschäftlicher Dinge immer so einen Denta-Kauknochen. Meistens hat er aber zu früher Stunde noch keinen Appetit. Er nimmt das Teil trotzdem und begibt sich in geheimer Mission auf die Suche nach einem guten Versteck. Stunden später, am fortgeschrittenen Vormittag oder mittags, kriegt er dann nach einer längeren Hunderunde seine erste Hauptmahlzeit. Und jetzt ist der Kerl nicht satt zu kriegen. Was macht er also: Er läuft schnurstracks zu der Ecke, in der er am frühen Morgen seinen Kauknochen versteckt hat, um ihn jetzt genüsslich zu verspeisen. So viel zum Sekundengedächtnis.
Ich frage mich sowieso, warum diese Sekundengedächtnis-Apologeten nicht selber drauf kommen, dass die enorme Lernfähigkeit des Hundes und die Annahme, sein Gedächtnis sei auf wenige Augenblicke begrenzt, sich nicht klar ausschließen. Der Hund ist doch kein Eichhörnchen, das schon kurz nach Verbunkern der Wallnuß nicht mehr weiß, wo es sie versteckt hat. Deshalb: Wenn Ihr Hund sich das nächste Mal unerwünschter Weise jagdlich betätigt, machen sie ihm hinterher möglichst gewaltfrei aber sehr deutlich ihren Standpunkt dazu klar. Und wenn er sich nach ein bis zwei Stunden einigermaßen von dem Schreck erholt hat, können Sie auch wieder etwas Schönes mit ihm spielen.
PS. Ich habe übrigens nichts gegen Hundeschulen, im Gegenteil. Sie sollten dort jedoch nicht Ihre eigene Urteilsfähigkeit abgeben.

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Der weiße Boxer

Ein weißer Boxer
Viele werden sich bestimmt noch an die „Hannover geht Gassi“-Veranstaltung“ 2010 auf dem Gelände der Pferderennbahn in Langenhagen erinnern. Auch ich war dort unterwegs, seinerzeit noch mit meiner Olympus E-300. Dabei kam mir unter anderem ein weißer Hund mit etwas faltigem Gesicht, hellen Lefzen, hellen Augenlidern und, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, einer blauen Iris im rechten Auge, vor die Linse. Der Hund war scheinbar ein Albino. Doch da hatte ich mich getäuscht! Allein wegen seines interessanten Aussehens jedenfalls fand ich auch das Bild ganz beachtenswert. Ich hatte aber keine Ahnung, was für eine Rasse ich hier vor mir hatte, oder ob es sich vielleicht einen Mischlingshund handelte . Am ehesten hätte ich auf Dogo Argentino getippt, aber dafür war er eigentlich zu klein. Einige Wochen später traf ich den Hund während eines Hundespaziergangs wieder und sprach die Besitzerin an. Dabei erfuhr ich, dass es sich hier um einen weißen Boxer handelte. Da wäre ich von allein sicher nicht drauf gekommen, denn die Nase war viel stärker ausgeprägt, als es normalerweise bei Boxern der Fall ist.
Weiße Boxer sieht man immer noch selten. Ein wesentlicher Grund dafür: Unter Züchtern gelten die Weißen immer noch als fehlerhafter Farbschlag und noch bis in die neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts wurden sie meistens nach der Geburt sofort getötet. „Nicht zu verkaufen, weg damit“, eine üble Vorstellung. Immerhin können wir auf der Website der Boxer-Nothilfe lesen, dass sich in den „letzten Jahren bei vielen Züchten einen Einstellungswandel vollzogen hat: „Immer mehr können es mit ihrem Gewissen nicht mehr vereinbaren, ein Tier einfach zu töten, nur weil es nicht dem Standard entspricht. Viele bemühen sich mittlerweile, auch für diese Boxer ein geeignetes Zuhause zu finden.“ Weiße Boxer sind, heißt es da weiter, „genauso lebensfähig und liebenswert wie die ‚Standardboxer’“. Hoffen wir also, für uns und die Boxer, in Zukunft mehr von diesen interessanten Hunden sehen zu können.
Mehr Informationen über weiße Boxer finden Sie hier – bitte klicken!

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Wie der Mensch auf den Hund kam

Fakt ist: Der Hund stammt direkt vom Wolf ab. Frühere Spekulationen, wie etwa noch von Konrad Lorenz, der auf bestimmte Schakalarten als Vorfahren tippte, sind inzwischen durch Genanalysen widerlegt worden. Auch wurde vor noch nicht allzu langer Zeit vermutet, dass der Urhund irgendwann in Mesopotamien durch eine zunächst langsam verlaufenden Domestizierung aus dem Wolf hervor gegangen ist, und sich von dort aus über die ganze Welt verbreitete. Inzwischen gilt es jedoch als bewiesen, dass unabhängig voneinander erste noch wolfsähnliche Hundeschläge aus verschiedenen Wolfstypen in Zentralasien, Nordafrika und dem vorderen Orient entstanden (Bloch 2011). Lange Zeit wurde außerdem die Theorie vertreten, Steinzeitmenschen hätten zunächst verwaiste Wolfswelpen in ihre Obhut genommen, aufgezogen und so an den menschlichen Kontakt gewöhnt.
Chihuahua
Ach in ihm steckt ein Wolf
Durch Weiterzüchtung sei so der Hund entstanden. Heute geht man eher von der Annahme aus, dass die Wölfe selbst sich den Menschen immer weiter annäherten, um sich an ihren Nahrungsabfällen schadlos zu halten. Dies müssten Wölfe mit einer geringeren „Fluchtdistanz gewesen sein, die sich nicht so leicht stören ließen und nicht beim kleinsten Verdacht einer Störung das Weite suchten“, wie der Wissenschaftsjournalist Alwin Schöneberger formuliert (Schöneberger, 76). Wahrscheinlich haben die noch nomadisierenden Menschen irgendwann mitbekommen, dass sie an dem Verhalten der von den menschlichen Abfällen lebenden Caniden, das lateinische Wort für „hundeartige“, damals noch eine sich langsam zum Hund entwickelnden Wolfsart, erkennen konnten, ob irgendwo Gefahren lauerten. Diese Wölfe umlagerten die menschlichen Lagerstätten und machten es den anderen Beutegreifern schwerer, sich ihnen zu nähern. Das nutzten die Menschen aus ¬– Mensch und Wolf kamen in Kontakt. Schließlich erkannte man auch die Nützlichkeit der mittlerweile schon zum Hund gewordenen Wölfe für die Jagd.
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Mensch? Riecht gut!

„Hey, die sind ja genauso drauf wie wir und außerdem riechen sie auch noch ganz gut!“ Das befanden vor Tausenden von Jahren einige Wölfe, die sich näher an die Menschen gewagt hatten. Daraufhin beschlossen sie, sich fortan mit den Menschen zu beiderlei Vorteil zusammen zu schließen. Was sie noch nicht wissen konnten: Bald schon würden sie ihr wildes Wolfsdasein zugunsten des dauerhaften Zusammenlenbens mit den Menschen aufgeben.
So in etwa erklärt Karl Hermann Finger, Autor eines Buches über Hütehunde, die Domestizierung des Wolfes und dessen Verwandlung in den Hund. Finger schreibt:

Da die sozialen Strukturen und Verhaltensweisen im Wolfsrudel denen in primitiven Menschengruppen sehr ähnlich sind und vom Geruch her keine Antipathien entstehen, war eine Annäherung beider begünstigt. Aufzucht erbeuteter oder verwaister Welpen an der Brust ihrer Betreuerinnen, war ein möglicher Weg zur Vertiefung der Beziehungen. Derart gezähmte Wildlinge haben als Beschützer von Wohnhöhlen und Lagerplätzen Übergänge zur Domestikation gefördert.

Karl Hermann Finger (1996): Hirten und Hütehunde. Verlag Eugen Ulmer. Stuttgart. S. 13

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